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Sportliche Frühstücksschlappe

19. September 2013

Wenn schon Ferien, dachte ich mir in einer Sommernacht, könnten wir früh auch was Gescheites essen. Brötchen!

Ich schwang mich also kurz nach 8.oo Uhr zart bekleidet auf’s Rad (die Wetterfrösche schwätzten von Starkregen ab 11.oo Uhr) und sauste meinen Heimatberg runter. Zum Lieblingsdiscounter.

Ohne Ablenkung, weil ohne mein Geflügel angereist, pfiff ich hurtig Lebensmittel von rechts und von links in den Einkaufswagen. Ratzfatz stand ich an der Kasse.
Ein Auge schwiff zum Fenster: Starkregen.
Das andere guckte zur Uhr …
Half ja nichts.
Ein kurzer Plausch mit der Kassiererin: Ihr war das Wetter egal, aber sie guckte anteilnehmend und erklärte, sie führe kein Rad. Mir war das Wetter mittlerweile auch egal, ich hörte nämlich meinen Magen. Freudig klappte ich meinen Geldbeutel auf – EC-Karte weg! Leicht angestresst wühlte ich in den anderen Fächern. Nix. „Kann ich auch mit Kreditkarte?“
Die Kassiererin nickte.
Natürlich funktionierte das nicht.
„Ich habe kein Bargeld bei. Ich muss erst heim, welches holen!“
Wieder nickte die Kassiererin. „Wie lange wird das dauern?“ Sie zeigte auf die Familienpackung Eis. (Kokos mit weißer Schokolade. Lecker!)
„Halbe Stunde. Mindestens …“
„Dann pack ich das zurück in die Kühlung.“ Sie verließ ihr Kassenkabuff. „Und sie kommen auch wirklich wieder??“
„’türlich!“ Ich nickte heftig. Mein Magen. Außerdem hatte ich das Band nicht zum Spaß voll Futter gestapelt.

Strampelte ich also meinen Heimatberg wieder rauf.
An der Haustür empfing mich das Geflügelkind: „JUHU! Brötchen! Ich bin total verhungert!“
„Musst dich gedulden, mein Schatz, Mama hat ihre EC-Karte verloren …“ Schnell drückte ich mich am Kleinen vorbei.

Verflixt! Geheimfach ebenfalls leer.

„Mama, ich hab Geld!“ Sie düste los und holte ihre kleine Sau.

„Schenk ich dir alles!“  Das gelbes Schweinderl landete sanft in meinem Schoß.  „Ganz goldenes Geld ist da drin. Hab ich mit meinem Bruder getauscht. Polier ich seitdem jeden Tag.“ Jetzt bekam das Schweinderl den Wanst gestreichelt. „Guck fix rein, wie das glitzert!“

Ich schraubte den Ringelschwanz ab. „Kupfernes Geld …“, korrigierte ich sie. „Was hast du ihm dafür gegeben?“

„Große silberne Geldstücke. Waren mir zu schwer. Und außerdem waren sie schmutzig … Komisch, dass meinen Bruder das nicht stört …?“

„Mein Engelchen …“ Ich nahm das Kleine in den Arm. „Es ist sehr lieb, dass du mir dein Geld schenkst … Aber leider reicht das nicht mal für zwei Brötchen.“

„Verhungern wir jetzt …?“ Braune Äuglein tauchten in einen See. Doch flugs kamen sie zurück ins Licht: „Mama, du isst das eine Brötchen – und das andere, was nicht komplett ist, teile ich mit meinem Bruder! Wir sind kleiner, wir brauchen nicht so viel.“

Ich konnte nicht anders, ich musste mein Geflügelchen küssen. Dabei fiel mir die Tasche meines Sportrades ein. (Seit dem letzten Platten heize ich nicht mehr ohne Notgeld durch die Gegend!)

Es hatte aufgehört zu regnen und ich war endlich wieder auf dem Weg nach unten. Den Pubi könnte ich mir beim Frühstück vornehmen.

Beim Discounter war jetzt deutlich mehr los als bei meinem ersten Besuch. Am Radständer – quer und dreifach angekettet – ein altersschwacher Drahtesel. Da habe ich erst einmal ausgiebig gefeixt. (Trotz knurrendem Magen!) Genauso schnell verging mir das allerdings wieder – Herrschaftszeiten, wo war mein verfluchter Schlüssel??

Ich rang mit mir, das kann ich Ihnen verraten; aber dann nahm ich doch wieder den Berg unter die Pedale …

Zu Hause ein Spalier aus zwei Kindern: Rechts weihräucherte das Geflügel mit meinem Schlüsselbund, links tippte der Pubi den Zeigefinger an die Stirn. “Mutter, wie oft willste jetzt noch hin und her radeln?!“
Da drückte ich ihm meinen Geldbeutel in die Hand und wünschte ihm eine gute Fahrt.

„Und wir beide“, sagte ich zu meinem Engelchen, das bereits empört den Mund aufriss, „beginnen den Tag mit einem Eis!“

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From → Aus dem Clan

32 Kommentare
    • Danke für’s Teilen! 🙂

      • Gerne! 😉 Wir brauchen hier am Rande der bundesdeutschen Gesellschaft auch immer wieder erheiternde Dinge. Solange viele unserer Bevölkerung immer noch Angst vor der kulturreichen Tschechischen Republik haben, gibt es bei uns nicht allzu schöne Dinge zu berichten.

  1. Na- die Kalorien vom Eis waren ja schon vor dem Genuss abgeradelt 😉

  2. wenigstens das !

  3. Nanü, ich lese Platten, ich lese Notgeld, was nützt denn alles Geld der Welt da? Für’n Taxi? Odegibt es einen inline- quatsch: online- Notdienst?

  4. Wenn es kommt, kommt es dicke, aber für die Figur war es toll.
    Hat sich die EC-Karte wenigstens wo anders angefunden? Da hätte ich ja Panik bekommen?

  5. Tja, manchmal muss man alle verbleibende Nerven gut zusammenhalten… Und den Knopf für (Selbst)ironie finden… 😉
    Du bist mein Held des Tages! 🙂

    • Freu ich mich! 😀
      Im Nachgang bin ich übrigens noch verdammt oft rumgeradelt, weil ich musste ständig frisches Geld bei der Bank nachkaufen. Drei Wochen hat’s gedauert, bis ich wieder plastikflüssig war.

  6. ich versteh zwar nur noch rad+berg, wieviele räder sind denn nun ohne schlüssel am discounter angekettet … schöne aber geschichte, wie hab ich sie vermisst 😥
    hat der pubi dem geflügel inzwischen die zinsen (heim)gezahlt für’s „goldene“ kupfer?

    • Binchen!
      Ein Klapperiges war mehrfach verkettet, weswegen ich mir um meines Sorgen machte – und weil ohne Schlüssel nix mit schließen ist, noch mal heim radelte. 😀
      Das mit den Zinsen … Der Bub weiß ja wieder von nix. Ach, es ist ein Kreuz!

  7. juttabaltes permalink

    oh frau, bist du fit!!

  8. Für eine gute Geschichte verliert frau also sogar eine EC-Karte: Respekt! Um dann, trotz Geradel, nicht die Contenance zu verlieren: Chapeau! Nebenbei: schönes Blog.
    Herzliche Grüße.

  9. Wäre eine Geschichte für einen Montag,..aber ich lese die auch heute gerne!

  10. schön, wenn es tatsächlich eine Option ist, das Kind zu schicken 🙂 schöne Geschichte!

  11. Hallo Anke, sehr schnell und spritzig. Doll. Wie viele Fahrräder sind jetzt ohne Schlüssel?

    • Das mit den Rädern habe ich nicht gut erklärt, du bist nicht der einzige, der nachfragt. 😀

      Der altersschwache Drahtesel war nicht meiner. Eigentümer macht sich mächtig Sorgen um die künftigen Besitzverhältnisse und verkettet mehrfach. (Dabei hätte den Esel bestenfalls der Schrotthändler eingesackt! 🙂
      Bin ich halt wieder heim, weil der andere weiß sicher besser als ich, wie heiß das Radpflaster.

      Wofür hab ich auch einen Pubi. 🙂

  12. Also Dein Pubi… kann einem ja fast Angst machen, was da auf einen selbst zukommt, wenns soweit ist… 😉

  13. Die Geschichte ist wunderbar nachfühlbar, und wenn sie nicht ganz der Wahrheit entsprechen sollte, dann um so besser, dann hat sie literarische Qualität.

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