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Kleines SchornsteinEinmaleins

21. Januar 2015

Manche von uns wohnen ein Leben lang im Radius ihrer Wiegenstatt, andere treibt das Business oder das Herz durch die Gegend. Ich bin schon was herumgekommen, aber nach meiner Wiege schaue ich trotzdem regelmäßig.

Mit steigender Zahl schulpflichtiger Fortpflanze erfordert das mehr Kompromisse – und unökonomischeres Überholen. In den Weihnachtsferien war es wieder so weit: Wir schnürten die Bündel.
Während ich das Gepäck im Auto verstaute, wartete Geflügel mit seiner Kuscheleule unterm Arm am Straßenrand. Es spähte angestrengt bergab.
„Was hast du denn?“, fragte Pubertikel. „Bist du aufgeregt?“
„Guck mal“, Geflügel zeigte auf ein Nachbarhaus: „dort wohnen zwei Leute …“
Pubi schaute ebenfalls. „Stimmt nicht“, stellte er fest, „dort wohnt nur einer.“
Kluggequatsche beeindruckt meine kleine Henne ja nun nicht: „Die haben zwei Schornsteine, also wohnen da zwei Leute!“
„Du Dummerchen“, Pubi riss das Kleine an sich und drückte es, „Schornsteine haben doch nichts damit zu tun, wie viele Leute drin wohnen! Stell dir mal vor, wir hätten dann fünf Schornsteine. Wäre doch kein Platz mehr für Dachziegel.“
„Wieso fünf?“
„Erst mal ich …“, fing Pubi an, korrekt die Prioritäten abzuzählen. „Dann du, Mama, Papa und Eddy. Das kleine Schwein soll auch nicht frieren.“
„Wir sind sechs!“
„Hä?“
„Meine Eule hat’s auch nicht gerne kalt.“
Pubi grinste. „Schornsteine gleich Menge der Öfen. Plus vielleicht Heizung. So genau kann man das von außen nicht erkennen.“ Er deutete auf ein anderes Nachbarhaus: „Vier Leute, ein Schornstein. – Geschnallt?“
Geflügel nickte und mir platzte vor Stolz fast die Jacke am Kreuz auseinander.
„Na los, Leute, früher wird’s nicht!“ Ich schloss die Haustür ab und spähte zur Sicherheit noch mal in den Briefkasten.
„Wieso müssen wir immer so weit fahren??“, schimpfte Geflügel, als ich ihm den Gurt anlegte. „Oma und Opa könnten auch nebenan wohnen!“
„Da wohnen schon welche.“

Wir fuhren den Berg hinunter – ich genoss die Winterruhe und die prima Aussicht – fing mein Geflügel wieder an: „Das riesige Haus dort hat zwei Schornsteine … – Wieso wohnen da nur zwei Leute drin?“
Pubi haute sich vor den Kopf, während ich so tat, als hätte ich nichts gehört.
Als ich unten an der Kreuzung nach dem Kaffeebecher angelte, gelang es meinem Pubertikel trotzdem, den letzten Hühnerbeitrag zu überschatten: „Wohin fahren wir eigentlich??“

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From → Kolumnen

49 Kommentare
  1. Hm, ist das nun „Déjà vu“, „Self fulfilling prophesy“ oder einfach nur Heranwachsens-Begleiterscheinungen? 😉

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  2. „‚Wohin fahren wir eigentlich??”'“ – Hihihi, das kenne ich!
    Ich: „Größtes, mach mal die Tür zu!“
    Größtes: „Welche Tür???“
    Ich: „Na, die Küchentür wohl!“
    Größtes: „Meinst Du die Wohnzimmertür?“
    Ich: „Nein, die Küchentür! Die, die offen steht!“
    Größtes: „Die Badezimertür?“
    „DIE KÜCHENTÜR!!!!!! – Ach, verdammt, ich mach schon selber….“ Grumpf.

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    • Hahahahahahahahhahahahahahaha … 😀 😀 😀

      Logans und GoodWords Fortpflanzlinge sind aus demselben Holz! 😀

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      • Ja. Oder Frau Goodwords und Frau Logans erziehen gleich, äh, fehlerhaft! 😀

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      • Das kann natürlich auch sein! 😀
        Mein Minigeflügel findet auch nichts. Was bei euch Türen, sind bei uns Mutters Schreibtischschubladen. Leim war leer. Ich sage: „Oben links, nimm dir meinen.“
        Als Erstes sucht sie im Papierkorb.
        „Ich sagte Schublade …“
        Na, und so weiter. Ende vom Lied: Sieben meiner acht Laden durchwühlt und in Unordnung gebracht – die einzig Richtige aber fein zu gelassen.
        Irgendwann erbarmte ich mich … 😉

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    • Größtes hat gewonnen

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      • Jo. Verflixt! 😀

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      • Brauchst ein paar nervige Katzen zum Üben … Wer erst mal ein paar Katzen erzogen hat, kann das mit Kindern dann auch.

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      • Lass mal! Obwohl… die reden wenigstens nicht von morgens bis abends! Und bevor Du was einwendest: An der Tapete kratzen etc. tun meine Kinder auch! 😀

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      • Naja, ok, Katzen spucken auch noch auf den Teppich, das Bett oder das Sofa – aber das kann man von Kinners auch haben.

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      • Oh. Ja. *Seufz* Aber immerhin würgen sie keine Fellknäuel aus!

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      • Naja, Fellknäuel sind aber leichter zu entfernen als Cola-Geburtstagstorte-Hackbällchen-Gemische …

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  3. Sauber! 1. Habe ich das Ding mit den Schornsteinen jetzt auch verstanden 😆 und 2. kannst du wirklich stolz wie bolle sein. Was hab ich gelacht! Danke Anke!
    Ganz liebe Grüße, Emily ❤

    PS. Sollte der Kommentar doppelt sein, einen bitte löschen 😉

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  4. Kleine Übung aus Paris:

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  5. *hihi*…meinen Vorrednerinnen habe ich nix mehr hinzuzufügen. Das Bild aus Paris ist der Hammer! LG Claudi Grüße aussm Pott –

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  6. Ich liebe diese Geschichten. Im Rückblick versüßen sie einem den Erziehugsalltag.

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  7. <i<„Wieso müssen wir immer so weit fahren??“, schimpfte Geflügel, als ich ihm den Gurt anlegte. „Oma und Opa könnten auch nebenan wohnen!“
    „Da wohnen schon welche.“

    Unschlagbar 🙂

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  8. Euer Sohn ist ja doch ab und zu richtig gut. Wenn er mal nix verloren hat.
    Er kann ja richtig was.
    Mama war stolz wie Oskar, soll sie auch.
    Herrliche Story.
    Wohin fahren wir eigentlich???
    Tja, zu Weihnachten, wohin wohl???
    Lachende Grüße Bärbel

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  9. nixe permalink

    Lach…der Satz: wie lange dauert die Fahrt noch?…. kam bei uns an zweiter Stelle.
    Klasse, dein Puttputt 🙂
    Klasse geschrieben!
    Grüßle

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  10. Borg mir doch mal deine beiden, vielleicht können die das mit der Heizung und der Personenzahl und der Verbrauchsmenge und dem Preis auch gleich berechnen! 🙂

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  11. Also, irgendwie bin ich jetzt völlig durcheinander… Auf unserem Haus ist nur EIN Schornstein zu sehen, obwohl drei Dutzend Leute darin wohnen… 😉

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  12. Danke für diesen netten Text! – Habe Dich gestern auf meinem Blog für ein Blogstöckchen nominiert, schau mal, wenn Du magst – aber vielleicht hattest Du es ja auch schon. Ein lieber Gruß! Greta

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  13. Immer wieder nett deine GEschichten liebe Anke 🙂
    Gruß ans Geflügel und den Pubertikel!
    Sina

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  14. Da habe ich doch wieder herzhaft gelacht 🙂 . Kinderlogik ist doch nicht zu übertreffen, oder?
    LG Anna-Lena

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  15. Bei uns sind diese Töne schon ein Weilchen her – schön, hier eine Wiederauffrischung zu lesen 😉

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  16. 😀 Köstlich!

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  17. Sind es nicht diese Kleinigkeiten, die im Nachhinein graue Tage leuchten lassen? Selbst hier in meiner Küche ist der Spaßfaktor erheblich angestiegen. *g*

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    • Auf einen neuen Speckstein! 😉

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      • Bin dabei, wie du sicherlich geschmökert hast. Nebenher schreibe ich einen Beitrag zu diesem Morgen. Ich würde deine Schornsteingeschichte gern via Link mit meiner Story verkuppeln. Ich hoffe das ist in Ordnung? Die wäre dann nächsten Montag zu lesen.

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      • Aber natürlich: Specksteinmäßig bin ich im Bilde! 🙂
        Früher war ich öfter in einem kleinen Häuschen in der Toskana. Da lag neben der Türe immer ein großer Speckstein mit einem Zettel dran: „Nicht wegschmeißen, wird demnächst weiterbearbeitet!“

        Klar darfst du meinen Schwank verkuppeln! Meine Storys sind frei, zu allgemeinen Alltags-Erheiterung. 🙂

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      • Aber natürlich: Specksteinmäßig bin ich im Bilde! 🙂
        Früher war ich öfter in einem kleinen Häuschen in der Toskana. Da lag neben der Türe immer ein großer Speckstein mit einem Zettel dran: „Nicht wegschmeißen, wird demnächst weiterbearbeitet!

        Klar darfst du meinen Schwank verkuppeln! Meine Storys sind frei, zu allgemeinen Alltags-Erheiterung. 🙂

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      • Ich wollte trotzdem fragen, für mich irgendwie selbstverständlich. Sicherlich ist nix falsch daran ungefragt zu rebloggen. Aber … danke. ;D

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      • Du bist mir immemr willkommen! 🙂

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  18. Ist nicht die korrekte erste Frage beim Autofahren „Wann halten wir – ich muss mal“?

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